An den 2. Mai 1963 werden sich die Einwohner der kleinen Gemeinde Linwood in Schottland wohl noch lange mit leuchtenden Augen erinnert haben. Über 400 Persõnlichkeiten, darunter auch der Gemahl Seiner Majestät, Prinz Philip, hatten sich vor den Toren der Stadt versammelt, um die Geburtsstunde eines kleinen Automobils zu feiern; das von dieser Kleinstadt in der Nähe von Glasgow aus seinen Siegeszug um die Welt antreten sollte. Die britische Regierung hatte keine Kosten gescheut, um dieser traditionell wenig industrialisierten Region durch die Subventionierung eines atemberaubend modernen Automobilwerks unter die Arme zu greifen und Tausende von Arbeitsplätzen in das schottische Ödland zu bringen. 3.000 kleine Automobile sollten hier pro Woche von den Bändern rollen und einer ganzen Nation zur Mobilität verhelfen. Keiner der beiden Träume ging jedoch in Erfullung - der Kleinwagen verschwand nach zwölfjähriger Bauzeit sang- und klanglos in der Versenkung, ohne jemals die vorgegebenen Produktionszahlen auch nur annähernd erreicht zu haben, die riesige Fabrik wurde sieben Jahre später geräumt, ohne jemals über einen längeren Zeitraum mit Gewinn gearbeitet zu haben. Die Geschichte dieses mit so viel Vorschußlorbeeren bedachten Automobils entwickelte sich zu einer Tragödie, die maßgeblich zum Niedergang der Unternehmensgruppe Rootes beitragen sollte.
Vorausgesehen hat hobby den Rootes-Kleinwagen, der allerdings nicht 'Baby', sondern 'Imp' heisst und in dem neuen Hillman-Werk in Schotland gebaut wird. Der 'Imp' besitzt einen 875-ccm-Vierzylinder-Motor, der mit einer Verdichtiung von 10:1 42 PS leistet. Der Motor sitzt im Heck, angeflanscht and die Maschine is ein vollsynchronisiertes Vierganggetriebe in einem Leichtmetallgehäuse. Die Räder sind einzeln aufgehängt, die Federung erfolgt über Schrauberfedern. Der 'Imp' wiegt 685 kg, die Höchstgeschwindigkeit beträgr 120 km/U.
Kolby 11/63 |
|
Das ungleiche Brüderpaar William und Reginald Rootes hatte sich noch vor dem Zweiten Weltkrieg durch den Aufkauf der in Schwierigkeiten befindlichen Automobilfirmen Hillman, Humber, Sunbeam und Talbot in den Club der groBen britischen Fahrzeughersteller eingereiht und expandierte, dem wirtschaftlichen Trend zur Großkonzernbildung folgend, auch in der Zeit des Wiederaufbaus durch die Übernahme der Firmen Singer und Commer munter weiter. Dauerbrenner in der Rootes-Modellpalette war seinerzeit der Hillman Minx, den es in verschiedenen Versionen zu kaufen gab. Durch geschicktes Rationalisieren entwickelten die Brüder ein Baukastensystem nach amerikanischem Vorbild, in dem die wenigen Grundmodelle unter verschiedenen Markennamen in zahllosen Ausstattungs- und Motorvarianten angeboten wurden. Was dem Konzern jedoch fehlte war ein ausgesprochen Preiswertes, kleines Modell, das mit dem Ford Popular, dem Morris Minor, dem Austin A30 und dem Standard Eight auf dem lukrativen britischen 'Volkswagenmarkt' konkurrieren konnte. Zwar hatte man bereits verschiedene Male eher lustlos an einem solchen Modell herumentwickelt, doch erst die Initiative zweier junger Männer, Tim Fry und Mike Parkes, aus der Konstruktionsabteilung der Rootes-Tochter Humber im Jahre 1955 schien der Firmenleitung einigermaßen erfolsversprechend.
Nach ein paar ziemlich mißlungenen Studien in der Machart deutscher Kabinenroller und Kleinstwagen (Tim Fry bewegte privat
einen Messerschmitt Kabinenroller) wurden die beiden sanft darauf hingewiesen, daß man eher an ein richtiges Automobil gedacht hatte, weniger an ein britisches Goggomobil.
Dieser ernüchternde Kommentar brachte den Konstrukteuren neben verständlicher Enttäuschung allerdings auch die Möglichkeit, den unkultivierten Villiers-Zweizylinder-Boxermotor, mit dem man bislang experimentiert hatte, gegen ein 'erwachsenes' Vierzylinder-Aggregat einzutauschen. Die Firma Coventry Climax, Hersteller transportabler Feuerwehr-Spritzenaggregate, hatte 1951 das Unmögliche möglich gemacht und in nur sieben Monaten ein ohc Leichtmetall-Hochleistungstriebwerk mit Tassenstößeln und 1020 ccm Hubraum entwickelt, das bei halbiertem Gewicht die doppelte Pumpleistung ihres bis dato verwendeten sv-Aggregates produzierte. Nachdem Lotus-Chef Colin Chapman die Spritzenbauer vom ungeschickt gewählten Hubraum des ersten Motortyps (FW, für 'featherweight', später FWA für 'Automobil') überzeugt hatte, folgten bald aufgebohrte Versionen (FWA mit 1098 ccm, FWB mit 1480 ccm, FWE mit 1216 ccm für den Lotus Elite) sowie eine Spezialversion für Außenborder (FWM mit 653 ccm), die als FWMA auch mit 741 ccm Hubraum für Rennzwecke erhäitlich war. Und genau dieses Triebwerk hatte Tim Fry im Auge, als er sich mit mit Mike Parkes an die Überarbeitung der Rootes-Kleinwagenstudie machte.
Vom Heckmotorprinzip waren beide überzeugt, wenngleich diese
Bauweise für den britischen Fahrzeugbau ein absolutes Novum
darstellte. Bereits bei den ersten Prototypen mit Boxermotor
hatten Fry und Parkes aus Kostengründen auf den Vorderradantrieb
verzichtet (1955 gab es noch keine homokinetischen Gelenke), und
für einen Kardantunnel war bei den angestrebten Abmessungen des
Kleinwagens im Innenraum einfach kein Platz.
Mittlerweile wußten sie um die Existenz eines frontgetriebenen Kleinwagen-Prototyps bei BMC, trafen sie sich doch regelmäßig einmal im Monat mit Alec Issigonis und Alex Moulton zum Essen, wo sie sich natürlich nicht nur über das Wetter unterhalten haben dürften. Wenige Jahre später, kurz vor dem Produktionsbeginn des neuen Rootes-Kleinwagens überreichte Tim Fry nach einem ihrer Geschaftsessen Issigonis mit schelmischem Grinsen die Schlüssel zu einem fahrbereiten Prototyp, den er vor dem Lokal geparkt hatte. Der
Mini-Konstrukteur verschwand für eine halbe Stunde und soll
danach an Fry die prophetischen Worte gerichtet haben: "Wirklich
toll, Euer Auto, nur leider verkehrtherum!"
Das Grundkonzept hatte jedoch, wie gesagt, schon länger festgestanden, und die beiden Konstrukteure mußten sich in erster Linie um ein geeignetes Getriebe für das unerhört potente Coventry-Climax-Triebwerk kümmern, wobei die Schwierigkeiten bei der Umlenkung des Kraftflusses die Phantasie der Rootes-Techniker auf die Probe stellten. Bedingt durch die Baulänge des in Fahrtrichtung eingebauten Wierzylinders konnte das Differential nicht einfach durch Umkehrung der konventionellen Anordnung vor Getriebe und Motor gesetzt werden. Der Kraftfluß wurde somit über eine Welle am zwischen Motor und Getriebe liegenden Differential vorbeigeführt, um 180° umgelenkt und erst dann an das Getriebe weitergeleitet. Mit dieser Anordnung hatten britische Konstrukteure jedoch noch keinerlei Erfahrungen sammeln können, und vor allem die Lebensdauer der Umlenkungszahnräder, die ja ständig im Eingriff standen, bereitete dem mit der Getriebeentwicklung betrauten Ingenieur Adrian West einiges Kopfzerbrechen. Auf seiner Suche nach Präzedenzfällen wurde er bei einem in der Schweiz gebauten StraBenbahntyp fündig, in dessen Getriebe eine hypoidverzahnte Umlenkung offenbar ausgezeichnet funktionierte. Glücklicherweise war West schlau genug, diese Umlenkung ohne falschen Erfinder-Ehrgeiz einfach zu kopieren. Das Getriebegehäuse sollte wie der Motor aus Aluminium gefertigt werden, denn bei einem Heckmotorwagen kommt jedes hinter der Hinterachse eingesparte Kilogramm unmittelbar dem Fahrverhalten zugute. Auch bei der Fertigung dieser Gehäuse betraten die Konstrukteure Neuland, denn die bei Coventry Climax verwendete Sandguß-Technik ließ sich in der rationellen Großserienproduktion kaum verwirklichen. Man einigte sich auf ein Druckgußverfahren, das zu dieser Zeit nur von einer Handvoll kleiner Firmen beherrscht wurde und anfangs enorme Schwierigkeiten bereitete. Den Übersteuerungstendenzen des Antriebsprinzips ('Heckschleuder') begegneten die Fahrwerksbauer um Harry White mit einer aufwendigen Schräglenkerachse hinten und einer eher primitiven Pendelachse vorne - mit Erfolg, wie sich zeigen sollte.
Zu diesem Zeitpunkt experimentierte man noch mit einem reinrassigen FWMA-Rennaggregat mit 741 com Hubraum, das sich mit seiner spitzen Leistungscharakteristik kaum für ein Massenfortbewegungsmittel eignete. Der während des Krieges aus Polen emigrierte Motorenspezialist Leo Kuzmicki, der erst bei dem Motorradhersteller Norton gearbeitet und am Motor des Vanwall-Grand-Prix-Wagens mitentwickelt hatte, war in den fünfziger Jahren zu Rootes gekommen und sollte dem ungestümen Triebwerk für seinen Einsatz in einem Kleinwagen Manieren beibringen. Auf der Suche nach mehr Drehmoment steigerte er den Hubraum zunächst auf 800, dann auf 875 ccm, und veränderte im Verlauf dieser Entwicklung fast jedes Bauteil zum Teil mehrmals, weshalb man spätestens zu Beginn der Serienproduktion auch nicht mehr von einem Coventry-Climax-Motor sprechen konnte.
Unverständlicherweise wagte sich Kuzmicki nie an die Grundabmessungen des Blocks heran, obwohl er schon recht früh erkennen mußte, daß eine Hubraumvergrößerung über 900 ccm Hubraum hinaus erhebliche Probleme mit sich brachte, was sich später als echter Nachteil gegenüber dem fast beliebig zu vergrößernden BMC-A-Serien-Motor des Mini erweisen sollte. In seiner späteren Serienversion schöpfte das Triebwerk stolze 42 bhp aus 875 ccm (bei einem Verdichtungsverhaltnis von 10:1!) und begeisterte die
Tester durch ein bislang nie gekanntes Temperament und Drehvermögen.
Bei der Karosserie beschritten Fry und Parkes im Gegensatz zu Issigonis ziemlich ausgetretene Pfade. Der stark zur Seite geneigte Heckmotor beanspruchte nur wenig Bauhöhe und hätte den Designern relativ freie Hand bei der Gestaltung der Heckpartie gelassen. Irgendwie konnten sie sich jedoch nicht vom traditionellen 'Drei-Kisten-System', bestehend aus 'Motorhaube' vorn, Fahrgastzelle in der Mitte und 'Kofferraum' hinten lösen - dafür war die Rootes-Gruppe ein zu bodenständig-seriöses Unternehmen, das in der Vergangenheit Automobile für
traditionell denkende Britten gebaut hatte. Dennoch war das
großzügig verglaste, zeitlose Blechkleid nicht völlig ohne Reize.
Eine niedrige, durch eine umlaufende Chromleiste betonte Gürtellinie teilte die Karrosserie optisch in zwei fast gleich hohe Partien und unterstrich so die üppigen Fensterflächen. Die
Heckscheibe ließ sich öffnen und gegebenenfalls in dieser
Stellung arretieren, die Rücksitzlehne konnte flach umgelegt
werden, wodurch ein recht akzeptabler, von außen zugänglicher
Gepackraum entstand. Der war alledings auch bitter nötig, denn
der Kofferraum unter der vorderen Haube war mit Tank und Reserverad bereits serienmäßig fast voll.
Nachdem sich die Firmenleitung zum Bau des Wagens entschlossen hatte und auch genügend Kapital zur Einführung eines neuen Modells bereitstand, stellte sich die Frage, wo der Neue eigentlich gebaut werden sollte. Lord Rootes hatte ursprünglich das bestehende Werk in Ryton ausbauen wollen, doch die konservative Regierung unter Harold Macmillan wollte einer weiteren Ballung von Industriestandorten in den Midlands nicht
zustimmen, zumal die Fertigungsanlagen für den neuen Typ bei dem anvisierten Produktionszahlen ziemlich groß ausfallen sollten.
Macmillan hatte bereits in den Jahren zuvor durch günstige Kredite und billige Bauplätze Automobilfirmen in sogenannte 'Entwicklungsregionen' gelockt, und so einigte man sich auf das eingangs erwähnte kleine Stadtchen Linwood in Schottland als Standort für das neue Werk. Linwood bot außerdem den Vorteil, daß dort bereits ein Werk der renommierten Karosseriefirma Pressed Steel, die im Auftrag verschiedener britischer Automobilhersteller Rohkarosserien fertigte, ansässig war und direkt daneben ein riesiges Areal zur Verfügung stand. Durch
diesen glücklichen Zufall konnte man die Herstellung der
selbsttragenden Karosserien dem Spezialisten Pressed Steel überlassen und sich auf die Montage der Fahrzeuge beschranken.
Der Transport der Rohkarosserien sollte über eine Art Förderband über die Straße ins Rootes-Montagewerk erfolgen. Am 30. September 1960 wurde offiziell bekanntgegeben, daß in Linwood ein großes Zweigwerk der Firma Rpotes gebaut werden sollte. Gleichzeitig erhielt der jüngste Sproß des Konzerns endlich einen Namen: Hillman 'Imp' sollte er heißen, was soviel bedeutet wie: 'Kobold' oder 'Gnom'.
Ende 1961 war dle Entwicklung des Hillman Imp soweit gediehen, daß man mit dem umfangreichen Testprogramm der Prototypen beginnen konnte. Die Bauarbeiten am Montagewerk liefen auf Hochtouren und auch die Termine für den Produktionsbeginn Ende 1962 und die Auslieferung im FrühJahr 1963 standen bereits fest.
Den Testern blieb also nicht viel Zeit, zumal ihre Kollegen bei BMC den Mini bereits mit großem Erfolg verkauften. Noch gab man sich zwar nicht geschlagen, doch die Gunst der Stunde hatte Root es verpaßt - die vorgegebenen Termine mußten al so um jeden Preis eingehalten werden. Nach umfangreichen Leistungsmessungen wurden mit Meßfühlern gespickte Imps (noch handgebaute Einzelexemplare mit 800-com-Motoren) kreuz und quer durch Europa, Afrika und Nordamerika gehetzt, um die Belastungsgrenzen und vor allem den Wärmehaushalt der Motoren und Getriebe zu erforschen.
Die Tester zeigten sich begeistert von dem ungeheuren Temperament des Motors, von der hervorragenden Straßenlage des kleinen Flitzers und den dadurch möglichen Fahrleistungen. Der Imp leistete sich kaum Schwächen, und alle auftretenden Probleme waren konstruktiv einfach zu umgehen. Die ersten Vorserienexemplare (mit 875 ccm Hubraum) gingen im Juni 1962 auf die Strecke, gerade sechs Monate vor dem Projektierten Serienanlauf und weniger als ein Jahr vor der geplanten Modellpremiere! Als größtes Problem erwies sich die Tatsache, daß am 25. März 1963, also knapp einen Monat vor der offiziellen Vorstellung, kaum einer der Testwagen mehr als 50.000 Kilometer absolviert hatte, also noch keine Erfahrungswerte über die Lebensdauer von Getriebe und Differential vorlagen. Folglich wurden alle abkömmlichen Angestellten und Arbeiter, auch Lehrlinge, in Imps gesetzt und auf die Reise geschickt. Zwischen der Insel Wight und dem Firth of Forth waren ständig mehrere Imps auf ihrem Marathontrip unterwegs, immer mit Bleifuß gefahren und nur zum Tanken und zur Wartung kurzzeitig abgestellt. Die jungen Heißsporne zerlegten ihre Test-Imps reihenweise, und noch während dieser Zerreißprobe mußte das Triebwerk durch die Verwendung kleinerer Ventile weiter 'entschärft' werden - man befürchtete, daß ein biederer Familienvater mit über 150 km/h Höchstgeschwindigkeit bei knappen 2 Meter Radstand überfordert
gewesen ware!
Buchstäblich in letzter Minutes nachdem der kleine Kobold sich trotz der mörderischen Torturen wacker geschlagen und alle Befürchtungen sich als unbegründet erwiesen hatten, kam ein pingeliger Schutzmann auf die Idee, einen angehaltenen Test-Imp mit dem Metermaß zu kontrollieren und stellte dabei fest, daß die Standleuchten unter der vorderen Stoßstange für die britische Straßenverkehrs-Zulassungsordnung einen lächerlichen Zentimeter zu tief angebracht waren! Der Zwischenfall soll sich in Longbridge ereignet haben, der Heimat von BMC also, und die Vermutung liegt nahe, daß dem Bobby da jemand einen Tip gegeben haben könnte... Für eine Umgestaltung der Karosserie fehlte die Zeit, außerdem standen ja bereits Tausende von Imps auf Halde. So wurden alle produzierten Imps kurzerhand mit längeren Federbeinen versehen, wodurch der Wagen vorne O-Beine bekam, die Aerodynamik nicht mehr stimmte und auch das ausgewogene Fahrverhalten zwangsläufig zu leiden hatte. Ünd alles wegen einer hastigen Improvisation in letzter Minute - wahrlich kein gutes Vorzeichen für die ohnehin schon fast zu spät anberaumte Premiere!
Die Presse schrieb wahre Lobeshymnen auf den flotten Kleinen und geizte nicht mit Superlativen. Fast alle Disziplinen beherrschte er besser als die Konkurrenz, er war wartungsfreundlicher dank moderner Fahrwerkstechnik und konnte mit einer Fülle pfiffiger Details aufwarten, wie der aufklappbaren Heckscheibe, der Startautomatik oder der pneumatischen Drosselklappenbetätigung.
Empfand man in Großbritannien den Heckmotor als etwas suspekt, so
schreckte man in Kontinentaleuropa eher vor dem hohen Preis (England war noch nicht in der EWG) von umgerechnet 5990.- DM zurück. Während der Imp in seiner Heimat eigentlich nur gegen den ebenso modernen Austin/Morris Mini und vielleicht noch den Ford Anglia antreten mußte, traf er außerhalb der Insel auf eine ganze Reihe konzeptionell ähnlicher (Simca 1000, Renault R8, NSU Prinz 4, VW 1200, Fiat 600 D) oder zumindest preislich interessanter Konkurrenten (Daffodil, BMW 700, DKW F12, Ford 12m, Opel Kadett).
Obwohl sich auch deutsche Tester euphorisch über den kleinen
Schotten äußerten, räumte man ihm doch nur bescheidene Chancen auf dem europäischen Markt ein, zumal man sich bei Rootes in
Bezug auf den Export in die BRD bedeckt hielt.
In der Zwischenzeit hatte sich der Betrieb im Imp-Herstellungswerk normalisiert, das heißt, man glaubte einen Weg gefunden zu haben, die anfänglichen probleme mit der wenig geschulten Belegschaft auszuräumen. Die komplizierten Motor- und Getriebegußteile entstanden zwar in der supermodernen Druckgußabteilung in Linwood, die Montage der Motoren überließ man jedoch lieber den Facharbeitern in den Midlands. Die Karosserien fertigte Pressed Steel in Linwood, doch viele Zulieferteile mußte man sich ebenfalls in Coventry und Umgebeung besorgen, denn eine Sekundärindustrie wollte sich partout nicht um das neue Werk im schottischen Hinterland ansiedeln. So hatten manche der in den Imps verwendeten Bauteile bereits eine lange Reise hinter sich, bevor die fertigen Wagen dann per Spezialzug zum Verkauf wieder in 'zivilisiertere' Gegenden gekarrt wurden.
Rentabel war dieser Weg sicher nicht, doch die Rootes-Oberen hatten 1963 noch ganz andere Schw1erigkeiten zu bewältigen. Knapp ein halbes Jahr nach dem offiziellen Debüt des Kraftzwerges häuften sich die Reklamationen und mit einem Male tauchten Schwachstellen auf, die vorher niemand bedacht hatte. Mochte sich der Imp in Extremsituationen geradezu mustergültig verhalten haben, im Alltagsbetrieb nervte er seine Besitzer mit kleinen Defekten wie hängenden Blinkerschaltern, festgehenden Wasserpumpen, Wassereinbrüchen in den Innenraum und schlampiger Verarbeitung. Völlig neu waren unerklärliche Getriebedefekte (die sich als Material fehler entpüppten und nur in den in Nachtschichten montierten Getrieben aufgetreten waren) und häufig
beobachtete, schleichende Wasserverluste im Kühlsystem, die, wenn man sie nicht rechtzeitig bemerkte, rasch zum Hitzekollaps des Motors führten. Bei näherer Untersuchung zeigte sich, daß die Wasserpumpe bei Fahrgeschwindigkeiten um die 50 kmXh im vierten Gang, also bei Stadtverkehrtempo, Wasser verloren - bei Geschwindigkeiten darunter und darüber komischerweise nicht!
Natürlich hatte ein solches Problem bei den dauertests nicht auftreten können: Wann war ein Test-Imp je mit solchen Geschwindigkeiten gefahren worden? Das größte Problem blieben jedoch die Mängel in der Verarbeitung, die ihrerseits viele schwerwiegende Defekte nach sich zogen. Infolge der großen Nachfrage nach dem Imp war in Linwood im ersten Jahr rund um die Uhr gearbeitet worden, worunter natürlich die Qualität der Montagearbeit gelitten hatte. Viel Geld wurde investiert, um in Linwood eine anstandige Endkontrolle einzurichten, und die dorthin entsandten Facharbeiter (aus Coventry) machten zum Teil haarsträubende Entdeckungen! Die Zeit war reif für eine Modellpflege.
Knapp 18 Monate nach Produktionsbeginn waren denn auch fast alle Schwachpunkte ausgemerzt und aus dem Imp ein wirklich gutes, zuverlässiges Auto geworden. Die Kunden hatte man jedoch vergrault, daran konnten weder die großen sportlichen Erfolge, noch die im Oktober 1964 eingeführte Luxusversion Singer Chamois etwas ändern. Im September 1965 nahm man einen neuen Anlauf und lancierte den Imp Mark 2, der dem posthum Mark 1 genannten Ur-Imp in jeder Hinsicht überlegen war. Die etwas anfällige pneumatische Übertragung der Gaspedalbewegung war einem zuverlässigen Seilzug, die Teflonbuchsen in Achsschenkel solchen aus Lagerbronze mit Schmiernippeln gewichen. Das Getriebe war überarbeitet worden, insbesondere die Synchronringe und die Ölabdichtung, die kleine, zum Verzug neigende Kupplungsscheibe wurde durch eine größere, wenn auch schwerere ersetzt, der Motor erhielt größere Ventile (wie die ursprüngliche Coventry-Climax-Rennversion) und der Vergaser einen handbetätigten Choke. Nach kleinen Retuschen an der Frontpartie konnte man auf die längeren Federbeine verzichten. Viele der revolutionären Neuerungen waren zwar zugunsten der Zuverlässigkeit dem Rotstift zum Opfer gefallen, doch die Kinderkrankheiten waren nachhaltig kuriert.
Es nutzte jedoch nichts: Der Imp war als 'Gurke' verschrieen, und die einst angestrebte Produktion von 3.000 Exemplaren pro Woche wurden nur in den ersten Monaten zu 60% erreicht, als die Nachfrage groß war. Niemand konnte ahnen, daß im Juli 1966, nach nur drei Jahren Produktionszeit, mit 250.000 Einheiten bereits der Höhepunkt der Imp-Karriere erreicht war, denn es sollten bis zur Produktionseinstellung im Januar 1976 insgesamt nur 440.032 Imps vom Band rollen.
Wer sich in der Folgezeit dennoch für einen Imp entschied, erhielt für relativ wenig Geld (in Großbritannien) ein ganz bemerkenswertes Fahrzeug, wie die zahllosen sportlichen Erfolge unterstrichen. Trotz seines Hubraumhandicaps konnte der Imp durch seine glänzenden Fahreigenschaften dem Mini Jederzeit Paroli bieten. Gegen die 1300-cmm-Mini-Cooper reichten die 875 serienmaßigen Kubikzentimeter jedoch bei weitem nicht aus, weshalb im September 1965 mit dem Rallye Imp dem ambitionierten Sportfahrer das 1000 ccm große Triebwerk zur Verfügung gestellt wurde, mit dem die Werksteams bereits geraume Zeit unterwegs
waren. Die Hubraumvergrößerung war durch die beengten Platzverhältnisse im Zylinderblock jedoch nur mit nassen Laufbüchsen zu bewerkstelligen, die sich nach längerer Laufzeit gerne etwas setzten. Für den Normalverbraucher waren die 1000-ccm-Motoren, die später auch in den sportlicheren Sunbeam-Varianten erhältlich waren, demnach nicht völlig problemlos.
Unter den Händen versierter Tuner konnte ein solches Triebwerk mit etwas Feinarbeit an die 100 PS mobilisieren, was dann aber allemal ausreichte! Neben zahllosen Klassensiegen bei internationalen Rallyes erreichte der Imp unter der Hillman-Starpilotin Rosemary Smith 1965 der Gesamtsieg bei der Tulpenrallye, die kleine Klasse der Rundstreckenrennen wurde ohnehin von Hillman Imps behernscht. Nebenbei bemerkt gelang es Ford erst nach jahrelangen Versuchen schließlich mit einem allradsetrieben, PS-strotzenden Capri den unglaublich leichten und schnellen Imps die Krone des Rallye-Cross, einer in Großbritannien sehr populären Motorsportart, zu entreiBen!
Nach den ersten unter dem Markennamen Singer als 'Chamois' verkauften Imp-Luxus-ausführungen gesellte sich im November 1965 eine Kastenwagen-Version namens Commer Van zum 'normalen' Imp, der übrigens fast ausschließlich in der 'Deluxe' -Version verkauft wurde - der normale 'Saloon' war wohl doch etwas nackt!
Ein letzter wichtiger Meilenstein war die Einführung des 'Californian' mit Coupé-Fließheck im Januar 1967, der sich wie bereits die besser ausgestatteten Singer-Chamois-Versionen besser verkaufte als die Ur-Limousine. Am Ende der Mark-2-Periode im Oktober 1968 gab es nicht weniger als 11 verschiedene Imp-
Versionen, als sportliche Sunbeam die 55-PS-Modelle Stiletto (Coupé mit Doppelscheinwerfern) und Imp Sport (Limousine), als Hillman die 42 PS starken Deluxe, Super, Californian (Coupe), den 36 PS starken Husky (Kombi) und den 1000-ccm-Renner Rallye mit 65 PS, als Luxusmodelle den Singer Chamois mit 42 PS, sowie die 55-
PS-Modelle Chamois Sport und Chamois Coupé, und als Commer Van gab es eine 'Handwerkerversion' des Kombis ohne Verglasung. Bis auf die Hillman-Limousinen, den Sunbeam Stiletto und den Singer Chamois Sport (der später Sunbeam Sport heißen sollte) überlebte jedoch kein Modell das FrühJahr 1970.
In der Zwischenzeit hatte der amerikanische Auto-Gigant Chrysler den nicht zuletzt durch die Imp-Verkaufsmisere arg geschwächten Rootes-Konzern übernommen. Daß das mehr und mehr verödende Montagewerk in Linwood nicht rentabel zu betreiben war, war kein Geheimnis, und Chrysler hatte weder Interesse an dieser Fabrik, noch an dem dort produzierten Wagen. So verwundert es nicht, daß die Imp-Produktion sich in Schottland nur noch dahinschleppte. 1973 wurde die Ausstattung der Limousine noch einmal vereinfacht und im Oktober 1975 noch ein 'Schlußverkauf'-Sondermodell namens Caledonian auf den Markt geworfen, das es nur noch in der Farbe Rot zu kaufen gab. Im Januar 1976 war dann endgültig schluß. Die Arbeiter wurden mit verschiedenen anderen Montagemodellen bei der Stange gehalten (unter anderem wurde in Linwood der Chrysler Sunbeam gebaut, der in seiner 1000-ccm-Version einen echten Imp-Motor unter der Haube hatte, wenn auch unter der vorderen!), doch auch Chrysler befand sich bald in Schwierigkeiten und verkaufte alles an Peugeot-Talbot, die am 22. Mai 1981 das Werk aus Rentabilitätsgründen stillegten, den Maschinenpark zu einem Spottpreis verkauften und die 4800 Arbeiter nach Hause schickten.
So waren in knapp dreizehn Jahren Produktionszeit nicht einmal eine halbe Million dieses 'Volkswagens' entstanden, der einst dem VW Käfer den Rang hatte ablaufen sollen. Die Popularität des BMC Mini erreichte er nie, und auch ein Exportschlager wurde er nicht. In der Bundesrepublik wurde er nie in nennenswerten Stückzahlen verkauft, und lediglich bei unseren Nachbarn, der Schweiz, Österreich, Skandinavien und vor allem in den Niederlanden erkennt noch der eine oder andere Autofan einen Imp, wenn er einen sieht. Einige Tausend Imps, hauptsächlich Standardversionen, wurden in Irland, Neuseeland, Portugal, Venezuela, Uruguay, Costa Rica, Südafrika und Australien montiert, bleibt als wichtigstes Verbreitungsgebiet des Imp nur noch das Inselkönigreich. Gute Exemplare werden jedoch auch dort langsam rar, wenngleich sich ein gutorganisierter Club und zahlreiche Spezialbetriebe rührend um die Erhaltung der kleinen Kobolde kümmern. Bei klassischen GT- und Tourenwagenrennen, sowie lokalen Rundstrecken- und Rallyeveranstaltungen sahnen die Imps immer noch kräftig ab, und Imp-Motoren stehen bei Kit-Cars (Clan Crusader, Davrian, Ginetta G15, Scorpion, Siva Llama etc.) und renommierten Tunern hoch im Kurs. Besondere Erwähnung verdient der Zagato 'Zimp', eine Coupé-Studie mit Aluminiumkarosserie, von der 1964 nur drei Exemplare hergestellt wurden, die übrigens noch alle existieren. Der Zimp hatte keine Chance in Produktion zu gehen, weil er den Rootes-Imp-Coupés unweigerlich die Kunden weggeschnappt hätte.
Hätte den Ingenieure nur ein bißchen mehr Zeit für ihr Testprogramm zur Verfügung gestanden, hätten sich die Vorbereitungen für die aufwendige Fertigung des Wagens nur ein wenig schneller durchziehen lassen, hätten sich die Arbeiter in der Anfangszeit nur etwas mehr Mühe gegeben! So ging ein unvollständig getestetes, mit Kinderkrankheiten behaftetes Auto drei Jahre zu spat in eine chaotisch organisierte, mit ungeschulten Arbeitern belastete Produktion - was Wunder, daß die Kunden einem vergleichsweise unkultiviertens komfort- und kraftlosen, mit schlecht funktionierendem Getriebe und Bremsen behafteten, dafür aber relativ zuverlässigen BMC Mini den Vorzug gaben.
The Imp Site Imp history |
© Franka |